Kurt Dutz: Recht im Griechenland der Antike 

12. Personenrecht

12.1 Familie, Frauen, Ehe

Alle Bürger Athens waren im Sinne von Vermögensfähigkeit rechtsfähig. Aber nur die Männer im Alter von mindestens 18 Jahren waren geschäftsfähig, Frauen waren das nicht. Sie standen zunächst unter der Vormundschaft ihres Vaters, dann unter der ihres Ehemannes und - wenn der gestorben war - unter der eines ihrer Söhne, wobei sie diesen wenigstens selbst benennen durften. Damit sich der geplagte Vormund aber nicht allzusehr mit den häuslichen Belangen befassen musste, durften sie doch kleinere Geschäfte selbst tätigen; also zum Beispiel ein Pfund Ziegenkäse kaufen oder einen Zentner Gerste (Ich nehme mal an, dass sie den auch selbst nach Hause schleppen durften.). Auch die Ehe durfte sie nicht selbst schliessen, das war eine Sache zwischen ihrem Vater und dem zukünftigen Ehemann, dem dann auch die Mitgift gehörte, auch ohne oder gegen den Willen der Frau. Der Mann konnte ohne rechtliche Folgen die Ehe brechen, sich eine Nebenfrau (pallaké) ins Haus holen und mit Ihr Kinder zeugen und durch eine einfache Erklärung die Scheidung aussprechen. Die Scheidung verlangen konnte die Frau allerdings auch, wenn sie denn das Schreibens kundig war. Sie musste nämlich zum Archonten gehen und ihre Gründe schriftlich nennen. Nach der Scheidung hatte ihr Vater, als ihr neuerlicher Vormund (kyrios), Anspruch auf Erstattung der Mitgift. Bis zur Rückzahlung musste der Mann Unterhalt in Höhe von 18% des Mitgiftwertes zahlen. Eigens hierfür gab es die "Brotklage" ( dike sotou ).

12.2 Erbrecht

Das Erbrecht war ausschliesslich gesetzlich geregelt und konnte nicht durch testamentarische Verfügung geändert werden. Erbberechtigt waren nur Söhne. Wo es keinen Sohn gab konnte eine Tochter epikleros werden, was darauf hinausläuft, dass sie die Erbschaft zwar erhielt, ohne aber darüber verfügen zu dürfen - gewissermassen treuhänderisch also - , bis sie einen Sohn bekam, der dann das Erbe erhielt. War eine Ehe kinderlos, so erbte der nächste männliche Verwandte. Die einzige Möglichkeit einer letztwilligen Verfügung war, wenn man keinen Sohn hatte, einen männlichen Erben zu adoptieren. Das konnte auch "von Todes wegen" geschehen, was bedeutet, dass die Adoption zum Zeitpunkt des Ablebens wirksam wurde. Wenn in einem solchen Fall noch eine Tochter vorhanden war, musste der Adoptierte diese entweder heiraten, oder sie mit der Hälfte des Erbes einem anderen zur Frau geben.

12.3 Metöken

Metöken, die in Athen lebenden Ausländer, waren ebenfalls nicht voll rechtsfähig. Sie durften kein Eigentum an Grundstücken erwerben, es sei denn, die Volksversammlung hätte ihnen das Recht dazu ausdrücklich verliehen (enktesis). Ebenso konnten sie auf diesem Weg das volle Bürgerrecht erwerben, das man normalerweise nur als Nachkomme zweier athenischer Vollbürger erhielt, nach einem, wie Uwe Wenzel schreibt "etwas unerklärlichen Gesetz aus der Mitte des 5.Jahrhunderts".

12.4 Quelle: Das Bürgerrechtsgesetz des Perikles, 451/50 (Plutarch, Perikles 37; auch Arist. AP. 26,4):

Mit diesem Gesetz hatte es folgende Bewandtnis: Perikles hatte vor vielen Jahren, als er auf der Höhe seines politischen Wirkens stand und zudem, wie schon erwähnt, rechtmäßige Söhne besaß, das Gesetz beantragt, es sollten nur diejenigen als Athener gelten, deren Eltern beiderseits Athener gewesen seien. Als nun der König von Ägypten dem Volk vierzigtausend Scheffel Weizen als Geschenk übersandte und das Getreide unter die Bürger verteilt werden sollte, gab es infolge dieses Gesetzes plötzlich eine Menge von Prozessen gegen die nicht vollbürtigen Athener, die bis dahin unbemerkt geblieben waren. Mancher fiel auch falscher Anklage zum Opfer. Gegen fünftausend wurden auf diese Weise überführt und in die Sklaverei verkauft; die Zahl derer, die auf Grund der Prüfung das Bürgerrechts behielten und als Athener bestätigt wurden, betrug vierzehntausend und vierzig.

12.5 Oikos und Polis

Oikos, das griechische Wort für Familie, bedeutet Haus und bezeichnet die Gemeinschaft von Mann und Frau in rechtmässiger Ehe (gamos) und die mit ihnen zusammenwohnenden Kinder und Verwandten. Er ist sowohl eine familienrechtliche, wirtschaftliche als auch religiöse Einheit, eigentlich sogar eine staatsrechtliche, denn der oikos ist der entscheidende Baustein der griechischen Polis. Nur die Zugehörigkeit zu einem oikos vermittelt die Zugehörigkeit zu Phratrien und Phylen und damit zum Bürgerrecht. Wird ein neugeborenes Kind nicht innerhalb von 10 Tagen vom Vater zeremoniell in die Familie aufgenommen und als rechtmässig anerkannt, dann erhält es nicht das Bürgerrecht. Auch das Verstossen eines Familienangehörigen aus dem oikos kann in dieser Hinsicht Folgen haben. Für die Athener gab es immer einen engen, unauflöslichen Zusammenhang zwischen oikos und polis.



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