Kurt Dutz: Gutenberg 2000

2. Voraussetzungen und Prae-Gutenbergische Entwicklung

2.1 Schrift

Als früheste Schrift der Menschheit gilt die der Sumerer. Ihre ab etwa 3500 v.Chr. für die Zwecke der zentralen Tempelverwaltung als Gebrauchsschrift geschaffene Bilderschrift wurde bereits um 3000 v.Chr. bei weitgehender Phonetisierung zu völlig abstrakten Formen umgebildet. Um 2800 v.Chr., als die Akkader in das Gebiet der Sumerer eindrangen und deren Wort- und Silbenschrift ihrer semitischen Sprache anpaßten, entstanden keilförmige Zeichen, welche senkrecht, waagerecht und querschief zu Gruppen geordnet, die Schrift ergaben. Diese sogenannte

2.1.1 Keilschrift

wurde im 2. Jahrtsd. v.Chr. von den Babyloniern und Assyrern weiter ausgebildet bzw. abgewandelt und vereinfacht. Im 2. Jahrtsd. v.Chr. galt die Keilschrift im gesamten alten Orient als internationale Verkehrsschrift, bis ab dem 8. Jh. v.Chr. allmählich die mesopotamischen, in den folgenden Jahrhunderten auch die anderen Keilschriften verdrängt wurden.

2.1.2 Die altägyptische Hieroglyphenschrift,

eine Bilderschrift, die aus Wort- und Silbenzeichen und Einzelkonsonanten bestand, ist seit etwa 3000 v. Chr. nachweisbar. Neben der meist für kultische Zwecke verwendeten hieroglyphischen Monumentalschrift entwickelte sich die für profane Zwecke gebrauchte hieratische Schrift, eine der Handschrift angepaßte Kursive, seit etwa 2500 v.Chr. nachweisbar. Diese wurde im 7. Jh. v.Chr. von der seit dem 10. Jh. v.Chr. entstandenen stark vereinfachten demotischen (volkstümlichen) Schriftersetzt; die hieratische Schrift wurde seitdem nur noch für heilige Schriften benutzt.

2.1.3 Die griechische Schrift

war für das Abendland von entscheidender Bedeutung, da die Griechen, die wohl gegen Ende des 11. Jh. v.Chr. die Buchstabenschrift von den Phöniziern übernahmen, auch Vokale schrieben und somit eine volle lautliche Wiedergabe ermöglichten (Lautschrift). Die ältesten Funde griechischer Schriftdenkmäler stammen jedoch erst aus dem 8. Jh. v.Chr.

2.1.4 Die lateinische Schrift

entwickelte sich seit dem 7. Jh. v.Chr. unter starkem Einfluß des Etruskischen aus der griechischen Schrift. Älteste lateinische Schriftdenkmäler stammen aus dem 6. bis 4. Jh. v.Chr. Die lateinische Schrift wurde mit der lateinischen Sprache zunächst über den westlichen Teil des Römischen Reichs und schließlich, besonders mit der Ausbreitung des Christentums, weltweit verbreitet.

2.2 Schreibutensilien

2.2.1 Tontafeln,

wurden in Mesopotamien für Keolschriften verwendet, seltener Stein (z.B. Bildstelen), vereinzelt Metall (z.B. Gefäße), im 1. Jtsd. v.Chr. auch Wachstafeln.

2.2.2 Papyrus

war der erste aus einer Pflanze, der in den Nilsümpfen wachsenden Papyrusstaude, hergestellte Beschreibstoff in Blatt-, Rollen- und Buch- (Codex-) form.
Zur Papyrusherstellung wurde das entrindete Stengelmark in dünnste Streifen geschnitten, die in einer senkrechten und einer waagerechten Schicht aufeinandergelegt wurden. Durch den stärkehaltigen Zellsaft entstanden beim Pressen und Klopfen fest verklebte Doppelschichten, die, egalisiert, getrocknet und poliert, als (allerdings nur auf einer Seite gut beschreibbare) Einzelblätter oder, in beliebiger Zahl aneinander geleimt, als Rollen in den Handel kamen. Papyrus läßt sich als Beschreibstoff in Ägypten für den Beginn des 3. Jtsd. v.Chr. nachweisen.

2.2.3 Die Wachstafel,

eine zumeist mit schwarzgefärbtem Bienenwachs ausgegossene flach ausgehöhlte Holztafel, wurde mit dem Griffel aus Metall, Knochen oder Elfenbein beschrieben, der an einem Ende zum Einritzen der Schriftzeichen zugespitzt, am anderen Ende zum Löschen von Geschriebenem falzbeinartig platt war.
Im kaiserlichen Rom wurde es üblich, Wachstafeln paarweise zum sogenannten Diptychon, zu dritt zum Triptychon und in einer größeren Anzahl zum Polyptychon beweglich zusammenzufügen, indem man sie an einer Kante durch Ringe, Riemen, Scharniere u.ä. miteinander verknüpfte. Diese Mehrtafelbücher scheinen das unmittelbare Vorbild für den Codex gewesen zu sein.

2.2.4 Tierhäute

gehören zu den ältesten Beschreibstoffen. Zu Leder gegerbt und in Rollenform wurden sie wahrscheinlich noch vor der Papyruszeit in Ägypten verwendet. Eine spezielle Bearbeitung der Tierhaut führte zum

2.2.5 Pergament.

Pergament ist ein Beschreibstoff aus enthaarten, geglätteten, oft eingekreideten, ungegerbten Tierhäuten (Schaf-, Ziegen-, Kalbfelle), die nach einem Kalkbad unter Spannung getrocknet werden. Pergament wurde angeblich im 3. Jh. v.Chr. erfunden, als Ägypten die Ausfuhr von Papyrus nach Pergamon sperrte, um die Konkurrenz der pergamenischen Bibliothek mit der alexandrinischen Bibliothek zu verhindern. Pergament dürfte es aber schon viel früher gegeben haben, wenngleich Nachrichten über die Herstellungsart erst aus dem Mittelalter überliefert sind. Mit Sicherheit kann nur gesagt werden, dass das Pergament nach der Stadt Pergamon benannt wurde.
Haltbarer und zur Beschriftung besser geeignet als Papyrus, notfalls nach Abschaben der Schrift auch erneut beschreibbar, trat Pergament seit dem 4./5. Jh. als Schreibmaterial an dessen Stelle. Nach Einführung des Papiers im abendländischen Raum verlor das Pergament seit dem 15./16. Jh. an Bedeutung.

2.2.6 Schreibgerät

für das Pergament war die Rohrfeder (Gänsefeder, gelegentlich die Metallfeder).Die Hieroglyphen wurden mit dem Meißel in Stein gehauen, aber auch mit dem Pinsel auf Papyrus, Gefäße oder Wandflächen geschrieben. Zum Schreiben auf Papyrus diente aber auch ein schräg gekappter Binsenhalm, seit dem 3. Jh. v.Chr. der (Schilf-) Rohrhalm mit gespaltener Spitze.

2.2.7 Tinten

(von lat. tingere - färben, wäßrige Lösungen färbender Stoffe) und Tuschen (von frz. toucher - berühren, wäßrige Pigmentaufschwemmungen oder Farbstofflösungen mit hohem Bindemittelanteil) werden zum Schreiben, Zeichnen und Malen verwendet. Das höhere Alter hat die Tusche. Tuschen wurden unabhängig voneinander in China und Ägypten schon zu Beginn des 3. Jtsd. v.Chr. aus Lampenruß (Ruß aus verbranntem Sesamöl) und Leim hergestellt. Sie wurden in getrockneter Form geliefert und mussten bei der Verwendung erst mit Wasser angerieben werden.
Es wurde meistens mit schwarzer Tusche (aus Ruß) geschrieben; für Initialen und Überschriften verwendete man oft rote Tusche (aus Zinnober). Die Schrift hielt sich im allgemeinen vorzüglich, während sich die späteren Sepia- und Metalltinten weniger bewährten.
Die Tinten des klassischen Altertums bestanden gewöhnlich aus schwarzem Farbstoff (Ruß aus Harz oder Pech, Sepia) in einer Gummi- oder Leimlösung.
Im 19. Jh. wurden für die Tuschen- und Tintenherstellung die natürlichen Farbstoffe von den synthetischen abgelöst.

2.2.8 Papier

Als möglicher der Erfinder des Papiers, zumindest aber als entscheidend für dessen Qualitätsverbesserung verantwortlich, gilt der im Jahre 121 verstorbene chinesische Palasteunuch Cai Lun, der, als vermutlich Erster, anstelle von Hanf (älteste Funde ca. 100 v. Chr.) Maulbeerholz zur Papierherstellung verwandte und damit glattere Qualitäten erzeugte.

2.3 Erste Druckverfahren

2.3.1 Stein- und Blockdruck

In der Folge dieser Verbesserung entwickelte sich zunächst die Lithographie (Steindruck), später (ca. 521 - 618 während der Sui Dynastie) der sogenannte Blockdruck vermittels hölzerner Stempel. Es erschienen zunächst hauptsächlich Werke über Landwirtschaft und Medizin (762) sowie Jahrbücher (Almanache). Gegen 822 erschienen die lyrischen Werke des Bai Jugi; die Belletristik war geboren. Weitere Themen gedruckter Werke dieser Zeit waren: Traumdeutung, Astrologie, Geomantik. Ferner wurden Schul- und Wörterbücher hergestellt.

Der älteste vollständig erhaltene Druck, die buddhistische "Diamant Sutra", stammt aus dem Jahre 868. Die Ausbreitung des Buddhismus, mit seinem wachsender Bedarf an religiösen Schriften, und die Druckkunst förderten einander.

Im 10. Jahrhundert erschienen die gesammelten Werke des Konfuzius. Der vollständige Druck der insgesamt 130(!) Bände erforderte 22 Jahre und wurde im Jahr 953 abgeschlossen.

Etwa zu dieser Zeit wurde in China auch erstmals Papiergeld verwendet.

2.3.2 Erste Versuche mit beweglichen Lettern zu drucken

Um 1041 bis 1048 unternimmt Bi Sheng erste Versuche den Blockdruck durch Verwendung einzelner aus Ton geformter Lettern, die in Metallrahmen gefasst werden, weiter zu entwickeln. Das Verfahren setzt sich aber aufgrund der geringeren Haltbarkeit der Lettern gegenüber den hölzernen Tafeln, die für den Blockdruck verwendet werden, und der riesigen Zahl der chinesischen Schriftzeichen (an die 80.000) vorerst nicht durch.

Mit der Ausbreitung des Buddhismus, war der Blockdruck auch nach Korea gelangt, wo die Technik des Drucks mit beweglichen Lettern entscheidend weiterentwickelt wurde. Spätestens im Jahre 1232 sind in Korea metallenen Lettern aus Eisen, Kupfer oder Zink verwendet worden. 1403 wurde unter König Sejong gar ein Amt für den Guss von Schriftzeichen eingerichtet. Es entwickelte sich die koreanische alphabetische Schrift, was die Herstellung der Druckformen ungemein erleichterte, da der Vorrat an Lettern wesentlich verkleinert und flexibler eingesetzt werden konnte.

2.4 Das Papier gelangt nach Europa

751 erfuhren die Araber infolge einer Schlacht gegen eine chinesische Armee in Kirgisien durch Kriegsgefangene das Geheimnis der Papierherstellung und übernahmen diese Technik, nicht aber die Technik des Druckens. Möglicherweise, weil der Charakter der vielfach wandelbaren ornamentalen arabischen Schrift dieser im Wege stand, was dazu führte, dass noch im Jahre 1317 der persische Gelehrte Dawud al-Banailhihöchst erstaunt über diese Kunst der Chinesen berichtete.

Das Wissen um die Papierherstellung verbreitete sich in der folgenden Zeit über alle islamischen Länder und gelangte um das Jahr 1000 auch in das von Mauren besetzte Spanien. Auf heute unbekannte Weise erlangten wenig später die Italiener und damit die abendländische Welt Kenntnis dieser "neuen" Technik.

Im Jahre 1390 baute Ulman Stromer die "Gleismühl" bei Nürnberg zu einer Papiermühle um. Damit begann auch in Deutschland die Papierherstellung.

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