Ein Beitrag aus: Weltgesellschaft Kontrollgesellschaft Gesellschaft?  Autor: Kurt Dutz.

kommunikation: markt - macht - medien - Inhalt
 

Einleitung

 
Das Gegenteil jeder Tatsache ist immer möglich, da es niemals einen Widerspruch enthält und vom Geist mit der gleichen Leichtigkeit und Deutlichkeit vorgestellt wird, wie wenn es der Wirklichkeit völlig entspräche.
David Hume
Es gibt (in der Kommunikation) keine Tatsachen, nur Feststellungen. Jede Beschreibung ist eine Reduktion. Nicht das Wahrgenommene - das für-wahr-Genommene findet Eingang in das Ergebnis jeder Untersuchung und aller Historie. Das Resultat jeglicher Forschung ist aber schlussendlich die Kommunikation von tatsächlich vorliegenden Sachverhalten, und damit der Diskurs über Fragmente der Realität. Wie aber ein Sachverhalt wahrgenommen wird, ist wesentlich eine Frage des Standpunktes und zwar sowohl des raumzeitlichen als auch des ideologischen.

Ergo gibt es ("tatsächlich") keine Antworten, bestenfalls Mutmaßungen (Theorien). Selbst der redlichste Forscher kann nicht verhindern, dass sein Augenmerk stärker auf denjenigen Sachverhalten liegt, die er zu finden hofft. In dieser Hinsicht ist jeder Optimist. Gerade die Vielzahl von teils zwar widersprüchlichen, in sich jedoch meist plausiblen Theorien im Bereich der Sozialwissenschaften, in denen sich das lebendige Indivduum stets nur fragmentarisch wiederfindet, macht dieses deutlich.

Wenn ich mich hier zum Thema Welt- und Kontrollgesellschaft äußere, kann ich im Prinzip von vornherein entscheiden, ob es sie geben soll oder nicht, mich dann den entsprechenden Materialien widmen und das (gewollte) Ergebnis herausschälen.

Ob meine Argumentation am Ende als plausibel angesehen oder ihr widersprochen wird, hängt letztlich mehr von ihrer inneren Schlüssigkeit als von ihrer faktischen Richtigkeit sowie von Horizont und ideologischer Prägung des jeweiligen Lesers ab.

So wird sicherlich vielen - wie in etlichen Punkten auch mir - Nils Werbers Beitrag zum Buch "Kommunikation - Macht - Medien" (Maresch, Werber, 1999), der so etwas wie den Zündfunken zu dem hier Niedergeschrieben darstellt, plausibel erscheinen. Wäre er sonst (dazu in einer wissenschaftlichen Edition) veröffentlicht worden?

Es ist auch keineswegs so, dass der Autor nicht wahrhaftig wäre, aber seine Wahrhaftigkeit unterliegt (ebenso wie meine eigene und die eines jeden anderen) den oben angeführten Beschränkungen.

Ausgehend von einer Mischung aus (science) fiction und facts werden Tendenzen zu einer möglicherweise bevorstehenden Teilung der Gesellschaft in eine kleinere Gruppe von Privilegierten, die sich durch die exklusive Verfügung über neue Medien sowie "virtualisierte Kommunikation" auszeichnet und sich den Luxus der Inanspruchnahme vormals öffentlicher, nun jedoch umfassend privatisierter Dienste leisten kann einerseits sowie eine größere Gruppe von Habenichtsen, welcher die Teilnahme an der globalen Kommunikation versagt bleibt und die angesichts des Fehlens staatlicher Ordnungsmacht dem Faustrecht verfällt, andrerseits aufgezeigt.

Die Quintessenz und zentrale These der Autoren findet sich in folgendem Zitat:

Diejenigen, die Zugang haben, werden an der Kommunikation der Weltgesellschaft teilnehmen und die medientechnisch vernetzten Inklusionsbereiche bewohnen, deren materielle Grenzen um so besser gegen potentielle Eindringlinge gesichert sein werden, je mehr Inklusion und Exklusion einander steigern und je gravierender das Gefälle zwischen den Enklaven und den Exklusionsbereichen wird. (Maresch, Werber, 1999 S. 443)


Ob und inwieweit die angeführten Indizien stichhaltig sind, soll im Folgenden zu erhellen versucht werden. Dabei ist zunächst der Frage nachzugehen, ob überhaupt und wenn ja, wodurch sich die neuen Medien von den alten wesentlich unterscheiden. Sodann ist zu fragen, mit welchen Auswirkungen auf Gesellschaft und Individuum sowie auf Sozial- Macht- und Marktbeziehungen, infolge der wachsenden Ausbreitung dieser Medien zu rechnen ist und ob tatsächlich angenommen werden darf, dass deren Vernetzung sich auf die sogenannten Inklusionsbereiche beschränken und so die Grenze zwischen Inkludierten und Exkludierten markieren wird. Es ist aber auch eine Antwort zu suchen auf die Frage, wo denn eigentlich "Virtuelle Realität" beginnt. Beginnt sie beim Buch? Beim Kopfhörer? Im Kino? Im Fernsehen? Oder doch erst mit dem/im Computer? Oder ist Vernetzung von Computern die Voraussetzung schlechthin?

Nach gängiger Definition ist etwas virtuell, wenn es möglich oder wahrscheinlich, nicht aber wahrnehmbar ist. Oder anders: Als virtuell bezeichnet man etwas (insbesondere Kräfte), das sich zwar beschreiben, nicht aber beobachten lässt. Eine andere (psychologische) Definition besagt, dass etwas dann virtuell sei, wenn es "der Möglichkeit nach vorhanden, aber augenscheinlich nicht wirksam" (Duden Lexikon 1967) sei. Es wird also zu prüfen sein, wo sich dementsprechende Merkmale feststellen lassen.


Inhalt - Weiter



Zurück zu:
Homepage - Klausuren und Referate - menschenformen/eigenetexte
Blindflug
Kommentare (Neues Fenster)

© 2003 by K.D.
http:/userpage.fu-berlin.de/~kurtdutz